All you need – Endlich die erste deutsche Queer-Serie

Mehr als drei Jahrzehnte nach dem ersten schwulen TV-Kuss in der «Lindenstrasse» gibt es nun die erste queere Serie im deutschen Fernsehen.


Damit die öffentlich-rechtliche Diversität nicht allzu sehr auffällt, läuft der Fünfteiler allerdings bei «One» um Mitternacht, daneben versendet man ihn in der Mediathek. DISPLAY sprach mit dem Hauptdarsteller Benito Bause.

Sexy Mediziner, schwule väter

Erzählt wird von einem schwulen Quartett in Berlin, das einem Comic von Ralf König entsprungen sein könnte. Da ist der attraktive Medizinstudent Vince, der sich in seinen One-Night-Stand Robbie verknallt hat. Derweil sein WG-Mitbewohner Levo sein Liebesglück bei dem spät geouteten Familienvater Tom findet – sehr zum Verdruss von dessen eifersüchtigem Teenagersohn. «Willkommen in meinem Leben», begrüsst Vince zum Auftakt fröhlich das Publikum und zieht die Zuschauer grinsend ins Vertrauen. 

Überraschende Paarung: Sexy Vince und sein One-Night-Stand Robbie (Frédéric Brossier).
 

Ganz so entspannt, wie es scheint, läuft sein Leben freilich nicht ab. Mit offener Homophobie und latentem Rassismus sieht sich der schwarze Student konfrontiert. Die Ansprüche des neuen Lovers sorgen für Beziehungsprobleme. Derweil er sich auch noch ständig den Liebeskummer seines besten Freundes Levo anhören muss. 

Lustlose «Züglete»: Vince beim Umzug.


Spritzig-witzige Dialoge

Während die Figuren sich oft im Klischeegestrüpp verheddern und der Dramaturgie nicht selten leicht die Puste ausgeht, können die Dialoge mit Comedy-Potenzial punkten. Ob bewusst läppisch à la: «Kaum gibt man dir den kleinen Finger, nimmst du gleich den ganzen Schwanz». Oder gekonnt ironisch mit: «Ich bin doch nur ein Junge, der vor einem Jungen steht, und ihn bittet, ihn zu lieben!» – «Hast du gerade ‚Notting Hill‘ zitiert?». 

Levo (Arash Marandi) findet sein Liebesglück beim spät geouteten Familienvater Tom.

Cooler Held mit Zürich-Bezug

Als grosser Pluspunkt erweist sich Hauptdarsteller Benito Bause, der mit charismatischer Lässigkeit den coolen Lover mit sensiblem Kern gibt. Am Zürcher Schauspielhaus arbeitete er mit Regisseuren wie Barbara Frey oder Christoph Marthaler.

Fazit: Das Debüt gelingt – eine Fortsetzung wäre absolut fällig! Vielleicht sogar vor Mitternacht… 


«All you need» läuft am Sonntag, 16. Mai von 23.15 bis 00.15 Uhr sowie am Montag, 17. Mai von 21.45. bis 22.55 Uhr auf One. Die Online-Premiere ist am Freitag, 7. Mai in der ARD Mediathek. Die ARD hat bereits eine zweite Staffel bestellt.

«Queere Themen sind mir nicht wichtig, sie sind für mich selbstverständlich»

Am Pink Apple Filmfestival wird der Schweizer Filmproduzent und Drehbuchautor Ivan Madeo mit dem Golden Apple ausgezeichnet. Der 48-Jährige, der mit seinem Partner in Zürich lebt, spricht über Auszeichnungen, sein einst schockierendes und gleichzeitig gefühlsexplosives Coming-out und über seine queeren Lieblingsfilme.

Text Mark Baer Bild Ilja Tschanen