Es folgt eine Anleitung zum Unglücklichsein: Ein abgedunkelter Raum, Power-Point und Menschen, die vieles sagen, aber nichts entscheiden. Willkommen in der Meeting-Hölle.
Ich habe das kürzlich mal ausgerechnet. In meinem Brotjob gehen 22,5 Prozent der Arbeitszeit für Meetings drauf. Das ist fast ein Viertel, den ich einfach nur stoisch absitze. Denn in den meisten Besprechungen braucht es weder mich noch meine Meinung. Mir ist natürlich bewusst, dass Meetings ein Bestandteil eines jeden Bürojobs sind. Allerdings muss ich all jenen widersprechen, die behaupten, Besprechungen seien auch Arbeit. Absolut falsch! Mit sechs Leuten, die mich nicht interessieren, an einem Tisch zu sitzen und mit einem Ohr zuzuhören, nennt man in meiner Familie Weihnachten.
Ausserdem habe ich noch nie ein Meeting verpasst und das im Nachhinein bereut. Nie. Es wird dir auch nie jemand sagen: «Du, also beim Marketinghub am Mittwoch sind wir steil gegangen. Ursi hat Eierlikör mitgebracht, dann haben wir an den Filzstiften geschnüffelt und 30 Minuten später ist der Flipchart aus dem vierten Stock geflogen, direkt aufs Auto des Chefs.» Nein, das Einzige, was ich nach verpassten Meetings je gehört habe, war: «Du, der Peter hat beim Kickoff am Dienstag wieder geweint.» Und ganz ehrlich, da hält sich mein Mitleid in Grenzen. Denn Peter ist der Chef.
«Wir warten noch auf Susanne»
Wenn es etwas gibt, das mich in Meetings rasend macht, dann ein verspäteter Beginn. «Wir warten noch rasch auf Susanne, bevor wir mit dem Krea-Meeting beginnen.» Warum warten wir auf Susanne? Susanne hat selbst keinen Bock aufs Krea-Meeting und steckt aktuell noch in einer anderen Besprechung. Susanne wird auch nichts zum Krea-Meeting beitragen, weil sich Susannes Kreativität darauf beschränkt, in ihrer Freizeit hässliche Schals für ihre drei Enkelkinder zu häkeln, obwohl gerade Juli ist und wir bei 34 Grad Aussentemperatur in einem nicht klimatisierten Raum vor uns hinvegetieren. Kommt erschwerend hinzu, dass wir während Susannes Abwesenheit angestrengten Smalltalk machen müssen. Es ist mir scheissegal, wer wo mit wem in die Ferien fährt. Mein einziger Gedanke, während mir literweise Schweiss die Kimme runter rinnt: «Wann hört das endlich auf. Und wo zur Hölle ist Susanne?»
Nach zwei Stunden Diskussion heisst es: «Also leider läuft uns hier die Zeit davon. Ich schlage Folgendes vor. Wir machen uns privat nochmals Gedanken, dann treffen wir uns in zwei Wochen wieder und schauen weiter.» Neiiiiin! Das klingt ja wie in meiner letzten Beziehung. Wir haben gerade zwei Stunden Lebenszeit verschwendet, ohne Resultat, ohne Wortmeldung der meisten Teilnehmer:innen, und am Schluss wurde noch nicht mal der Flipchart aus dem Fenster geworfen. Einfach nur armselig.
Endlich Fokuszeit
Kürzlich ploppte bei meinem Outlook-Kalender eine Meldung auf. Da stand (ich paraphrasiere an dieser Stelle): «Hey, soll ich für dich Zeit abblocken, damit du auch mal arbeiten kannst?» «Krass», dachte ich. Selbst mein Computer hat realisiert, dass ich nichts tue. Und dann gab es drei Auswahlmöglichkeiten: Ja, nein, zurück zu Zalando. Ich entschied mich für Ja und habe seither Fokuszeit-Blöcke in meinem Kalender. Die sind super, weil man in der Zeit weder angerufen noch angechattet werden kann und sie mir die Möglichkeit bieten, endlich ungestört zu arbeiten. Sprich, ich beantworte E-Mails und nehme Einladungen für weitere Meetings an oder lehne sie in seltenen Fällen ab. Wenn ich jetzt noch einen Flipchart aus dem Fenster werfen könnte, mein Leben wäre perfekt.