Zart besaitet – Megastress für Hochsensible

Sensibeli, Drama Kings, Finöggeli: Das trifft – vermeintlich – öfter auf Männer zu, als sie wahrhaben und zugeben wollen. Was abschätzig und abwertend gemeint ist, bereichert indes die Welt: Hochsensible Menschen sind oft aussergewöhnlich tiefgründig, kreativ und mitfühlend.

Von Marcel Friedli-Schwarz

Künstliches, gleissendes Licht. Es blendet ihn, brennt in seinen Augen: All die Waren, die im Supermarkt angepriesen werden, sind für Albin Rohrer ein Überangebot – auch was die optischen Inputs anbelangt. 
Zu viele Reize überfluten überdies sein Gehör: Das Dauerbeschallen mit seelenloser Musik beleidigt seine hellhörigen, musikalischen Ohren. Albin nimmt auch noch all die Menschen um sich herum wahr, die an die Kasse drängen und sein Gemüt bedrängen. Von jedem merkt er exakt, wie es ihm geht und welcher Stimmung er ist. 

«In Supermärkten werde ich innerlich unruhig», sagt Albin. «Eine grosse Sehnsucht nach Ruhe überfällt mich – so dass ich so schnell wie möglich fliehe.» 

Wie ein Staubsauger: Albin Rohrer fühlt ich durch die Reizüberflutung unwohl und sucht Ruhe.

Ebenso unwohl fühlt sich Albin Rohrer in überfüllten Zügen und Bahnhöfen. Und wenn mehrere Gespräche übers Kreuz laufen. «Und das, obwohl ich gerne mit Menschen zusammen bin. Ich bevorzuge jedoch ein einziges Gespräch. Fliegen zu viele Gesprächsfetzen durch den Raum, nehme ich mir die Freiheit und gehe nach draussen, um tief durchzuatmen, mich so zu entspannen und wieder zu mir zu finden.»

Muss Albin zum Zahnarzt, wird ihm so schlecht, dass er fast vom Stuhl rutscht. Denn trotz fünf Spritzen hat er immer noch Schmerzen. Zudem reagiert er allergisch auf Heftpflaster und Wollsocken. 

Albin ist hochsensibel, wie etwa zehn bis dreissig Prozent der Menschen. Sie reagieren überdurchschnittlich stark auf äussere Reize; können sie kaum filtern, wie durchschnittlich sensible Menschen dies zu tun vermögen. Hypersensible sind wie Staubsauger, die alles aufsaugen, so dass der Sack der Reize schneller voll ist als bei anderen Menschen – der Staubsauger nicht mehr funktioniert, der Sack ausgewechselt werden muss. Also Ruhe und Reinigung nötig ist.

Oft bekommen hochsensible Menschen zu hören: «Stell dich nicht so an. Mach nicht immer ein Drama.» Ähnliches wird auch Albin gesagt. «Wegen dieser Äusserungen hatte ich lange das Gefühl, ich sei ein seltsamer Mensch.» (siehe dazu das Interview mit Psychologe Simon Gautschy Seite 42). 

Seit ein paar Jahren hat Albin dieses Gefühl nicht mehr: Seit er zum Thema Bücher (vergleiche Text rechts) gelesen hat, kann er all das einordnen: seine Schmerzempfindlichkeit. Die Allergien. Sein Unbehagen, wenn viele Menschen versammelt sind und einen Stresstest für seine Ohren, Augen und Nase auslösen. «Es erleichtert mich zu wissen, dass sich all diese Erfahrungen einordnen lassen: als psychologisches Phänomen, als Wesensart. Hätte ich all das früher gewusst, hätte ich mich mehr geschützt.»

Seine Lebensweise hat Albin seiner Wesensart angepasst. Bewusst und dosiert wählt er sein Programm: Zu viele Menschen auf einmal meidet er. Lieber trifft er jemanden im Einzelsetting als in grossen Gruppen. 

Zudem lebt er alleine und zieht sich nach Bedarf zurück – um viel Zeit mit sich und Tätigkeiten zu verbringen, die ihm Erfüllung schenken: mit Schreiben und Musizieren, Kunst und Philosophie. 

Wie viele Hochsensible hat Albin eine Affinität zu musischem und kreativem Ausdruck. Das hat er zu seinem Beruf gemacht: Er arbeitete als Journalist, Musiklehrer und Coach. «Hierbei half mir, dass ich mich gut in andere Menschen einfühlen kann. Und dass ich dank meiner Intuition rasch den Kern einer Schwierigkeit auf den Punkt bringe. Allerdings gilt es dann, gut zu mir zu schauen, um mir die Probleme anderer Menschen nicht aufzuladen.» 

Seine Hochsensibilität ist für Albin sowohl Leiden als auch Gabe: «Unter dem Strich hält sich das in etwa die Waage.»


Hochsensibel ist nicht zu verwechseln mit empfindlich. Und hochsensibel ist nicht gleich hochsensibel: Zwar haben hochsensible Menschen Gemeinsamkeiten. Sie sind jedoch verschieden, auch bezüglich ihrer Sensitivität. 
• Sensorisch sensible Menschen haben besonders feine Sinneswahrnehmungen: Geräusche, Gerüche, Licht und Farben wirken auf sie überaus stark. 
• Emotional sensible Menschen registrieren besonders die Feinheiten im Zwischenmenschlichen. 
• Kognitiv sensible Menschen haben ein starkes Gespür für Logik, für Wahr oder Falsch und denken bemerkenswert vernetzt und in komplexen Zusammenhängen. 

Viele hochsensible Menschen sind in zwei oder in allen Bereichen sensibel, aber meist haben sie einen Schwerpunkt in einem dieser Bereiche: spüren,
fühlen, denken. Viele Künstler:innen sind hochsensibel und kreieren aus dieser Wesensart und Gabe ihre Werke.

Das Phänomen kennt man wissenschaftlich seit fünfundzwanzig Jahren.

Quelle: zartbesaitet.net | Internet: hochsensibilitaet.ch | Bücher: Georg Parlow: Zart besaitet.  | Elaine N. Aron: Sind Sie hochsensibel? 

Den Test dazu findest du hier:
zartbesaitet.net (unter HSP-Test)


Interview

Sich ein wohlwollendes, angenehmes Umfeld schaffen und lernen, auf seine Bedürfnisse zu hören: Psychologe Simon Gautschy weiss aus eigener Erfahrung, wie man mit der Temperament-Eigenschaft Hochsensibilität umgeht. 

Hochsensibel – Simon Gautschy (43) ist in Aarau Fachpsychologe für Psychotherapie FSP. Er ist selber hochsensibel, benötigt viel Zeit zum Nachdenken und für sich – vor allem, wenn er länger unter vielen Menschen ist.

DISPLAY: Simon Gautschy, man erhält den Eindruck, dass schwule, bisexuelle und trans Menschen
eher hochsensibel sind. Ist diese Annahme belegt?

Simon Gautschy: Zwischen Hochsensibilität und sexueller Orientierung oder Identität besteht meines Wissens kein Zusammenhang, der wissenschaftlich erhärtet ist. Man schätzt, dass zwischen zehn und dreissig Prozent der Menschen intensiver auf Reize reagieren und stärker als andere Rückzug und Schutz benötigen. Hochsensibilität ist seit jeher eine Eigenheit von Lebewesen – das zeigt sich übrigens auch bei Tieren.

Oft wird hochsensibel mit empfindlich und emotional verwechselt. Was bedeutet hoch- oder hypersensibel?

Bei Hochsensibilität kommt es zu überdurchschnittlich starken Wechselwirkungen des Nerven- und Körpersystems. Einige Menschen reagieren schneller und intensiver auf Impulse und Reize von aussen und innen.

Auch viele Männer sind hochsensibel. Das passt nicht zum vielerorts immer noch gängigen Männerbild: Einer, dem alles schnell zu viel wird, gilt eher als Memme.

Das stimmt. Das Stereotyp, wie ein Mann zu sein hat, wirkt immer noch. Da kommen auch die Prägungen ins Spiel, die oft subtil und unbewusst vermittelt werden.

Das bedeutet, dass Mann das Gefühl hat, anders zu sein in dieser Welt?

Dieses Gefühl haben viele hochsensible Männer. Das wird ihnen oft auch mehr oder weniger deutlich zu verstehen gegeben. Ist man schwul, bisexuell oder trans, entspricht man zudem in einem weiteren Bereich nicht dem Standard. Dann verstärkt sich vermutlich dieses Gefühl des Fremdseins.

Drücken es Männer weg, wenn sie merken, dass sie anders als andere sind – durchlässiger, empfänglicher?

Diesen Eindruck habe ich, ja. Tatsächlich erlebe ich es selten, dass Männer zu mir in die Therapie oder in die Themen­gruppe kommen, um sich mit diesem Wesenszug vertieft auseinanderzusetzen. Viele merken wahrscheinlich gar nicht, dass sie hochsensibel sind – allenfalls erst, wenn sich eine heftige Krise meldet.

Männer verdrängen also?

Wegen des Bildes, das Männern von der Gesellschaft aufgedrückt wird, fällt es ihnen schwer, sich mit ihren Bedürfnissen und Gefühlen auseinanderzusetzen. Oft fühlen sie sich in diesem Gebiet nicht so kompetent.

Was hat das zur Folge?

Beruflich kann das heissen, dass viele Männer in technischen Tätigkeiten landen: als Ingenieure, in der Informatik. Da brauchen sie sich nicht mit ihrem Innenleben auseinanderzusetzen. Die klaren Strukturen legen den Akzent auf ihre Stärke: auf das rationale, vernetzte, komplexe Denken.

So sind sie geschützt vor Abwertungen, im Stil von: Du bist kompliziert, schwierig. Stell dich nicht so an.

Spürt man das von früh an oder wird einem das immer wieder gesagt und man wird in seinem Empfinden nicht ernst- und angenommen: Dann kann dies zu einem Entwicklungstrauma führen.

Was meinen Sie damit?

Wird man von früh an verbal abgewertet, bedeutet dies emotionale Vernachlässigung. Das entspricht einer Form von Trauma. Dies kann dann zusätzlich zur schnellen Überstimulierung in den Alltag hineinfunken.

Stichwort Alltag: für Hochsensible ist er nicht einfach mit all den Reizen in einer Welt, die sich gefühlt immer schneller dreht, auch digital.

Die Bedingungen in unserer Gesellschaft hier sind tatsächlich recht anspruchsvoll: Wir werden permanent von Reizen geflutet. Es bedarf des Fingerspitzengefühls, sich genügend reiz­lose Momente zu gönnen.

Reicht das?

Hochsensible Menschen sprechen auf Positives an. Deshalb ist es Gold wert, sich um ein Umfeld zu kümmern, das einem guttut: in einer Liebesbeziehung leben, die von Respekt und Achtung geprägt ist. In einem Umfeld arbeiten, in dem man wertschätzend miteinander umgeht oder wo man im eigenen Rhythmus arbeiten kann. Und sich mit Freund:innen umgeben, die nachvollziehen können und respektieren, dass man anders tickt als andere.

Gibt es auch innere Arbeit?

Ja. Versuchen, die Symptome des Körpers wahrzunehmen. Je mehr man darin
geübt ist, desto klarer und früher nimmt man wahr, wann man Zeit für sich braucht.   


Queere Themen sind für mich selbstverständlich

Am Pink Apple Filmfestival wird der Schweizer Filmproduzent und Drehbuchautor Ivan Madeo mit dem Golden Apple ausgezeichnet. Der 48-Jährige, der mit seinem Partner in Zürich lebt, spricht über Auszeichnungen, sein einst schockierendes und gleichzeitig gefühlsexplosives Coming-out und über seine queeren Lieblingsfilme.

 

Text Mark Baer Bild Ilja Tschanen

Geboren ist Ivan Madeo in Bern, als Sohn von eingewanderten Eltern. Sein Nachname stammt aus einem kleinen Dorf in Kalabrien. «Ich bin ein klassischer Secondo», sagt er im DISPLAY-Interview. In seiner Kindheit und Jugend habe er lange lernen müssen, damit umzugehen, dass er weder richtig Schweizer noch richtig Italiener war. «Mit doppelten und doch keinen richtigen Wurzeln habe ich meinen eigenen Weg gesucht und bin ein Wanderer geworden.»

Ivan bezeichnet sich als ein «Verfechter einer Welt ohne Grenzen»: ein Verfechter eines Denkens, das weniger das Trennende und mehr das Verbindende und Gemeinsame sucht. «Rückblickend denke ich, dass diese Ausgangslage mich bis heute stark geprägt hat.»

Gross geworden ist Ivan mit einem jüngeren Bruder, der ganz jung für seine Fussballkarriere alleine nach Italien gereist ist und heute mit seiner Familie wieder in der Schweiz, nahe bei Basel, lebt.

Ivan Madeo selber hat seinen Lebensmittelpunkt in Zürich gefunden, zusammen mit seinem Partner. «Da bin ich wenige Jahre nach meinem Studium schon hingezogen.» Aber da seine Eltern eine Zeit lang noch in Bern weitergelebt haben und eine seiner Produktionsfirmen noch heute in Bern angesiedelt ist, habe er immer noch eine enge Verbindung zu seiner Heimat.

Was er für ein Mensch ist, wollen wir vom selbständigen Filmproduzenten wissen. Hier winkt er ab. Das sei etwas, das man seine Freunde fragen müsse, meint er bescheiden.



Gefühlschaos beim Coming-out

Gemerkt, dass er schwul ist, habe er vermutlich schon als Kind. «Richtig verstanden habe ich das aber erst mit 19 Jahren, als ich längere Zeit selbständig in New York gelebt habe und dort den richtigen Rahmen hatte, um mich mit meiner wahren Identität auseinanderzusetzen und zu mir selbst zu finden.» Sein Coming-out bezeichnet Ivan als Schock und gleichzeitige Gefühlsexplosion.

Sich als junger Erwachsener erstmals richtig selbst anzuerkennen und seine Queerness gleichzeitig mit dem ganzen Freundeskreis, der Familie und der Restwelt zu teilen, bezeichnet er als «total überfordernd» und lacht dabei. «Irgendwie ist es aber auch schön zu sehen, dass man im Leben Phasen hatte, in denen man völlig aus dem Häuschen war, und man diese irgendwie ganz gut überstanden hat.» Das gebe einem eine innere Stärke und ein anhaltendes Urvertrauen.

Im Ausgang sieht man Ivan Madeo eigentlich selten, da er fast immer auf Achse ist. Wenn er nicht beruflich an Filmfestivals, auf Dreharbeiten, an Preisverleihungen, Filmmärkten und Workshops unterwegs ist, dann verbringt er die wenige Restzeit fast immer mit Freunden oder der Familie, «weil ich sie viel weniger oft sehe, als ich das möchte». Diese Treffen finden dann meistens in Restaurants und Bars statt, weil er sehr gern gut esse und trinke.

Zum Abschalten und Runterfahren geht er am liebsten in Galerien und Museen, was er im Übrigen auch ganz gut alleine bewerkstelligen könne. «Das mit den Ausstellungen hört sich jetzt wahnsinnig bieder an, wenn ich mir das so überlege», sagt der baldige Golden-Apple-Preisträger lachend. «In Wahrheit sind es Ausbrüche aus dem Alltag, in denen ich mich neu sammeln kann.»

Kreativer Schaffer mit grossem Netzwerk

In der Laudatio zur mit 3000 Franken dotierten Pink-Apple-Auszeichnung heisst es, dass Ivan sehr kreativ und auch ein guter Netzwerker ist. «Kreativ?», fragt er nach. «Ich bin immer neugierig, unkonventionell und forsch im Denken gewesen, das glaube ich schon.» Und Träume und Visionen hätten ihn in seinem privaten Handeln und beruflichen Schaffensdrang immer angetrieben. «Deshalb habe ich mich in der sogenannten Kreativbranche auch immer wohl gefühlt.» 

Wir wollen vom Produzenten des Films «Der Kreis» auch wissen, wie wichtig für ihn sein Netzwerk ist und was für Menschen dieses Netzwerk umfasst. «Dabei handelt es sich um ein wunderbar diverses Netz von charakterlich, beruflich, ideologisch und gesundheitlich sehr unterschiedlichen Menschen.» Und ja, aus «diesem Füllhorn von Leuten mit ihren eigenen Lebensgeschichten, Talenten, Ambitionen» jene zusammenzubringen, die für ein Projekt am besten zusammenpassen und bei denen das Ganze mehr wird als die Summe seiner Einzelteile – das mache er in der Tat äusserst gerne.

Die Suche nach dem Kontrast

Schon im Gymnasium wusste Ivan, dass ihn Geschichten auf dem grossen und kleinen Screen besonders interessieren. Deshalb wollte er neben seinem Studium in Klinischer Psychologie auch im Bereich Film und Fernsehen studieren. «Da habe ich meine ersten filmischen Gehversuche gemacht.» 

Nach dem Studium musste er Geld verdienen, weshalb er in die Werbung gegangen ist. Dort hat er mehr als zehn Jahre in internationalen Netzwerkagenturen, von Publicis und Havas in Zürich über McCann Erickson Milano bis hin zu FCB Global in Hamburg gearbeitet. Weil er dort seine Leidenschaft für den Film nur bedingt ausleben konnte, hat er seine eigene Filmproduktionsgesellschaft gegründet. «Das war der Moment, als mein Freund Urs Frey, der damals ebenfalls in der Werbung tätig war, und ich als Kontrast zu unserem früheren Leben unsere eigene Filmproduktion ‘Contrast Film’ gegründet haben.»

Contrast Film ist heute ein achtköpfiges Team, das Spielfilme, Dokumentarfilme, Serien und Entertainment-Formate produziert. Das Unternehmen gehört damit zu den grössten Produktionsfirmen in der Schweiz. «Wichtiger als die Grösse ist mir aber die Stabilität und Qualität unseres Outputs», betont der Wahlzürcher.

Eine wichtige queere Stimme

«Vielfältiger Output an Serien und Filmen»

Das queere Schweizer Filmfestival Pink Apple ehrt jedes Jahr eine Persönlichkeit, die sich in der LGBTIQ-Filmwelt verdient gemacht hat. «Ivan hat gerade in den letzten drei Jahren einen enorm vielfältigen und breiten Output an Serien und Filmen vorzuweisen, viele seiner Filme haben queere Figuren oder basieren auf queeren Geschichten», sagt Andreas Bühlmann. Daher bezeichnet der künstlerische Ko-Leiter des Pink Apple den diesjährigen Preisträger gewissermassen auch als Glücksfall, weil Ivan Madeo sowohl queerfeministische, lesbische wie auch schwule Inhalte für die Leinwand produziert. «Mit ihm als Schweizer Schwergewicht in der Filmbranche konnten wir zudem auch einen lokalen Bezug zum Standort Zürich herstellen, von wo aus Ivan heute ja tätig ist.»

Der Film «Der Kreis» ist Andreas Bühlmanns persönlicher Favorit. «Damit hat Ivan einen schwulen Schweizer Filmklassiker geschaffen, der sowohl den Publikumspreis der Berlinale als auch den Teddy Award im Jahr 2014 gewann.» Ivans Film diene nicht nur als wichtige Quelle für die Schweizer Schwulengeschichte, sondern habe auch neue Massstäbe in der historischen Aufarbeitung queerer Inhalte im Schweizer Film gesetzt. 

Auch persönlich ist der künstlerische Co-Leiter des Pink-Apple-Festivals vom Filmschaffenden angetan: «Ivan ist ein sehr herzlicher Mensch, der mit seinen Regiepersonen respektvoll umgeht und sie in ihrem kreativen Prozess begleitet.» Diese Menschlichkeit sei in all den von ihm produzierten Filmen spürbar. Er kreiere Werke und Serien, die gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen und zum Denken anregen würden. Gleichzeitig spüre man seine vorhergehende Tätigkeit als Werbetexter in all seinen Arbeiten und der Promotion seiner Filme. «Er verbindet daher geschickt das Künstlerische mit der marketingrelevanten Perspektive», bringt Andreas Bühlmann die Qualitäten des Ausgezeichneten auf den Punkt.

Den Golden Apple zu erhalten sei eine Ehre

Als «unerwartet schön» bezeichnet Ivan Madeo die Auszeichnung, die ihm Anfang Mai in Zürich verliehen wird. «Wenn ich denke, dass die wunderbare Christine Vachon, Léa Pool oder Lionel Baier diese Auszeichnung vor mir erhalten haben, bekunde ich schon etwas Mühe, das mit mir in Verbindung zu bringen», so sein bescheidenes Statement dazu.

Viele queere Filme von Kolleginnen und Kollegen haben sich auch in sein Herz gespielt, wie beispielsweise der Schweizer Film «F. est un salaud» oder der weltbekannte «Brokeback Mountain». Auch der herzzerreissende «All of us Strangers» oder die Serie «Young Royals» gehören zu seinen Favoriten.

Ivan träume wirklich gerne, aber nicht von Auszeichnungen. Insofern auch nicht von einem Oscar, der ihm irgendwann einmal verliehen werden könnte. «Aber wenn ein Oscar einmal kommen sollte, würde ich ihn sehr gerne nehmen und mich daran genauso erfreuen und ihn genauso schnell wieder vergessen, wie das bei allen anderen nationalen und internationalen Filmpreisen bis dato der Fall war.» Auszeichnungen seien für ihn nämlich keine Ziele. «Ich sehe sie lieber als Startlinie für das nächste, noch mutigere Projekt.»

Weiterhin wird der Schweizer Filmprofi auch LGBTIQ-Projekte realisieren. So würden bei ihm bereits jetzt weitere Stories auf dem Tisch liegen: «Selbstverständlich! Und noch viele mehr in meinem Herzen, von denen ich noch gar nichts weiss.» Denn queere Themen seien für ihn nicht wichtig, sie seien für ihn selbstverständlich.

Am Donnerstag, 1. Mai, 18 Uhr nimmt Ivan Madeo im Filmpodium Zürich den Golden Apple 2025 entgegen.

Am Freitag, 2. Mai, 18 Uhr findet im Film-
podium Zürich ein Werkstattgespräch mit 
Ivan Madeo statt.

Das Pink Apple zeigt insgesamt sechs von Ivan Madeo produzierte Langfilme.

 

 


Pink Apple Edition 28

Das queere Filmfestival startet dieses Jahr am 29. April in Zürich und dauert bis am 8. Mai. Danach schlägt Pink Apple seine Zelte in Frauenfeld auf und zwar vom 9. bis 11. Mai.

Das Festival wird zum ersten Mal im Kino Riffraff stattfinden, nah am neuen Festivalzentrum an der Zollstrasse. 

Die beiden Grossveranstaltungen des Pink Apple, die Opening und Closing Night, werden weiterhin im Kino Le Paris stattfinden. Neu arbeitet das queere Filmfestival auch mit der Heldenbar als Party-Location zusammen.

Ein Schwerpunktthema wird «Sex Work» mit der Ausstellung «With Legs wide open» im Feministischen Streikhaus. 

Männliche Sexarbeit ist das Thema einer Diskussionsrunde im Theater anundpfirsich am 7. Mai, 19 Uhr.

Weitere Themen: 
Fankultur im Frauenfussball
Nonbinarität
The Power of Communities
Queere Menschen auf der Flucht
Die Queerness des ESC.

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