Yannik Zamboni ist der Sieger der Reality-Show «Making the Cut» mit Heidi Klum. Im Interview spricht das ehemalige DISPLAY-Model und heutige Top-Designer über abgehobene Promis, sein Fashion-Label und queere Erfahrungen.
So gewann Yannik bei «Making the Cut» eine Million
Mit seiner inklusiven Mode beeindruckte Yannik Heidi Klum und Moschino-Designer Jeremy Scott. Er wurde zum Sieger der Show gekürt und gewann eine Million Dollar, die er in sein Zürcher Fashionlabel stecken wird.
Interview Marco Schättin
DISPLAY: Yannik, gerade eben hast du «Making the Cut» und eine Million US-Dollar gewonnen. Was bedeutet der Sieg für dein Leben?
Yannik Zamboni: Durch den Sieg kann ich meiner Leidenschaft nachgehen, dem Designen und mein Label von einem lokalen zu einem globalen Business wachsen lassen. Die Gewinnsumme investiere ich komplett in mein Unternehmen – für neue Kollektionen, Mitarbeiter*innen und Shows.
Was passierte nach der Siegesverkündung in Los Angeles, als die Kameras aus waren?
Alle in der Jury – Heidi Klum, Nicole Ritchie sowie Designer Jeremy Scott – haben mir gratuliert und mich fest umarmt. Danach wurde ich in meine Wohnung zurückgefahren, wo ich meine engsten Freunde anrief. Alles war sehr überwältigend. Ich weinte fünf Stunden am Stück.

Wie wirkte sich der Sieg und der plötzliche Ruhm auf deinen Alltag aus?
Aktuell lebe ich in der Nähe von Zürich und das Ausmass hält sich noch in Grenzen. Immer mal wieder werde ich auf der Strasse angesprochen, was ich erfrischend und mutig finde. Auf Instagram sind die Leute offensiver: die Nachrichten, die ich bekomme, unterscheiden sich teilweise kaum noch von denen auf Grindr (schmunzelt).
A propos Grindr: Du bist aktuell ja Single. Nach welcher Person hältst du Ausschau?
Momentan arbeite ich 24/7. Für die Person, die mit mir das Leben verbringen könnte, habe ich keine konkreten Vorstellungen. Als Veganer ist es jedoch definitiv einfacher, mit einer vegan lebenden Person zusammen zu sein. Auch eine gewisse Reife bevorzuge ich bei Menschen.
«Making the Cut» wurde eben zu Ende ausgestrahlt. Welche persönlichen Momente hast du mit den Top Celebrities erlebt?
«In der Schweiz traue ich mich nicht im Rock aus dem Haus»
Allzu persönlich wird es selten, da praktisch immer Kameras laufen. Ausserdem bin ich ja dort, um Mode zu kreieren und damit zu überzeugen. Als ich vor Nervosität vor der Jury mit Heidi Klum am ganzen Körper zitterte und sie fragte, ob sie mich in den Arm nehmen darf, fand ich das aber schon sehr persönlich und schön.
In der Sendung teilst du Momente aus deinem Leben – wie dein Coming-out. Erzähle uns die Geschichte!
Meine Schwester und ich verbündeten uns: sie war 16 und schwanger, ich 17 und schwul. Um uns gegenseitig zu stärken, erzählten wir unsere Geheimnisse den Eltern gleichzeitig. Diese waren erst einmal geschockt. Dann aber auch sehr unterstützend.
Du setzt dich für queere Sichtbarkeit und Feminismus ein. Warum?
Unsere Gesellschaft ist nicht an dem Punkt, an dem wir sein sollten. Es ist nach wie vor notwendig, sich für queere Menschen einzusetzen: regelmässig werden wir Opfer von Diskriminierung und Gewalt. Das kann ich so nicht hinnehmen!
Du bist im Oberbaselbiet in kleinen Dörfern aufgewachsen. Wie hast du das als schwule und queere Person erlebt?
Sobald ich 16 Jahre alt war, ging ich ständig nach Zürich. Denn im Oberbaselbiet fehlte mir die Repräsentation queerer Menschen. Selbst wenn ich Gay Dating-Apps wie «Grindr» benutzte, gab es da im Umkreis von 30 Kilometern keinen anderen queeren Menschen.
Früher hast du als Model gearbeitet und warst auch schon bei DISPLAY auf dem Cover. Wie bist du zum Fashion-Design gekommen?
Das Modeln war eine schöne Zeit, mit vielen Reisen, die meinen Horizont erweiterten. Mich störte allerdings, dass ich wenig beeinflussen konnte und gleichzeitig wenig verdiente. Als ich dann für eine Zeit im Marketing arbeitete und gefühlt den unkreativsten Job von allen hatte, besuchte ich einen Vorkurs für Modedesign. Schliesslich begann ich mein Studium an der Basler FHNW. Dieses schloss ich wenige Tage vor dem Lockdown 2020 ab. Schlechtes Timing, aber jetzt starte ich durch.
Deine Mode bezeichnest du als «Die Zukunft». Warum?
Mode ist eine Art der Kommunikation, die ich auch für sozialpolitische Anliegen nutzen möchte: Mein Label «Maison Blanche» inkludiert alle Geschlechter. Ebenfalls integriere und präsentiere ich in meiner Arbeit alle Arten von Menschen. Kleider nur für sogenannt hübsche Menschen haben wir definitiv gesehen.
Du verwendest vorwiegend weisse Stoffe, um deine Kollektionen zu kreieren. Was steckt dahinter?
Viele Designer arbeiten mit Farben und Mustern. Im Studium realisierte ich, dass dies extrem von Design, Schnitt und Silhouette ablenkt. Ich entschied mich für weisse Kreationen, um mich eben genau auf diese Eigenschaften zu fokussieren.
Durch «Making the Cut» wirst du auch zum Botschafter für die Schweiz. Was gefällt dir an unserem Land?
So «cheesy» es klingt: die Berge und der Winter. Ich liebe Schnee und Schneesport.
Was magst du weniger?
Dass viele Menschen kleinkariert und in Boxen denken, passt mir nicht. In der Schweiz traue ich mich als Mann nicht im Rock aus dem Haus.
Mit der Teilnahme bei «Making the Cut» öffnen sich internationale Türen. Bleibst du in der Schweiz?
Mein Ziel war es immer, aus der Schweiz zu arbeiten und «Swiss made» in die Welt herauszutragen. Ich fühle mich wohl in Zürich, bin aber auch offen für internationale Kollaborationen.
In der Modewelt herrscht ein harter Kampf. Wie kommst du damit zurecht?
Eigentlich bin ich zu lieb, um meine Ellbogen auszufahren. Da ich aber als Kind Sportarten mit Wettbewerb betrieben habe – Schwimmen, Tennis und Kickboxen – lernte ich, mich durchzuschlagen. Ebenfalls habe ich als queerer Mensch früh gelernt, mich durchzusetzen: Wenn du aufgrund deiner Person ausgegrenzt wirst, gewöhnst du dich an Ablehnung.
Viele Menschen in der Modewelt sind eingebildet und oberflächlich. Du hingegen wirkst stark bei dir und bodenständig. Wie kommt’s?
Ich konzentriere mich darauf, auf dem Boden zu bleiben. Menschen, die für ihren Erfolg arbeiten mussten, bleiben auch mit Geld und Ruhm bei sich. Aber ja, in Städten wie New York hat jede Person das Gefühl, sie sei ein Superstar. Wenn du da nicht mitziehst und mit Glamour und Reichtum prahlst, bist du uninteressant. So möchte ich nie werden.
Reality-Shows haben nicht gerade den Ruf von Authentizität. Wie real ist die Show?
Klar wirst du ständig gefilmt, ein Skript gibt es aber nicht. Was ich bei «Making the Cut» grossartig finde, ist, dass die Sendung von «Hello Sunshine» mitproduziert wird. Ein Unternehmen, das von Schauspielerin Reese Witherspoon gegründet wurde, um Frauen in Hollywood zu fördern. So waren fast alle Frauen. Ein tolles, sehr queerfreundliches Umfeld.
Mit dem Sieg in der Show öffnen sich Türen. Gerade eben warst du an der New York Fashion Week. Was erhoffst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir, mit meinem Label wachsen zu können. Und weiterhin gesellschaftsrelevante Fragen mit Mode zu thematisieren, um Teil des Wandels in der Gesellschaft zu sein.
Yannik Zamboni, Schweizer Modedesigner mit internationalem Ruf
Aufgewachsen ist Yannik (35) in diversen Dörfern im Oberbaselbiet. Nach einer Karriere als Model entschied er mit 28, Fashion-Designer zu werden. An der Basler FHNW absolvierte er einen Bachelor of Arts in Modedesign und machte die Berufsprüfung zum Fashion-Spezialisten an der Schweizerischen Textilfachschule (STF) in Zürich. Sein Label «Maison Blanche» mitten in Zürich macht Mode für Minderheiten, die nicht mit der Norm gehen wollen. Die meist weiss und in wenigen Erdtönen gehaltene Fashion ist plastikfrei, geschlechtsneutral, aus nachhaltigen Stoffen und vegan.
Yannik selbst ist Single, queer und gender-nonkonform.
Infos: maisonblanche.swiss
