Schauspieler Dominic Hartmann ist Ensemblemitglied am Theater Basel und engagiert sich in der queeren Community. Mit DISPLAY spricht er über die Herausforderungen queerer Darstellung auf der Bühne und sein Engagement für die Initiative «Queer und Sober», die sich für drogen- und alkoholfreie queere Räume einsetzt.
DISPLAY: Dominic, wie würdest du dich als Mensch in zwei Sätzen beschreiben?
Dominic Hartmann: Ich bin ein humorvoller Typ, der sich gerne mit anderen austauscht und das Wohl seiner Mitmenschen im Blick hat. Gleichzeitig schätze ich es, mich auch mal zurückzuziehen und Zeit für mich zu haben.
Wie bist du eigentlich zum Schauspiel gekommen?
Ich habe 2013 an einem Theater-Vorkurs an der ZHdK Zürich teilgenommen, eher aus Orientierungslosigkeit. Es war das Erste, was mir wirklich Spass gemacht hat. Danach habe ich die Aufnahmeprüfung gemacht und wurde für das Schauspielstudium in Zürich angenommen. Der Vorkurs war für mich der eigentliche Startpunkt, denn hier habe ich gemerkt, dass Theater etwas ist, was mich wirklich begeistert.
Du spielst noch bis am 4. Januar im Stück «Die Schneekönigin» am Theater Basel. Welche Rolle übernimmst du und was bedeutet sie für dich?
In diesem Stück spiele ich mehrere Rollen. Die Story basiert auf einem Märchen des schwulen Dichters Hans Christian Andersen und entstand zur Zeit der industriellen Revolution. Die Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, an sich zu glauben und seinen Weg zu gehen. Für mich persönlich ist es bedeutsam, dass die Hauptfigur Gerda ihren Mut aus sich selbst schöpft – und diese weibliche Stärke in einem kindlichen Abenteuer vereint wird.
Du hast spannende Stationen in der Karriere gehabt, erst Schauspielhaus Zürich, dann das Gorki Theater in Berlin und jetzt das Theater Basel. Gab es prägende Momente in deiner Laufbahn?
Definitiv. Besonders die Aufführung des Stücks «Dämonen», inszeniert von Sebastian Nübling und Boris Nikitin, hat mich stark beeindruckt. Dieses Stück war ein Meilenstein, und ich bin stolz, dass wir es im Frühling erneut auf die Bühne bringen. Am Theater Basel zu sein, empfinde ich als grosses Glück.
Theater hat die Möglichkeit, gesellschaftliche Themen aufzugreifen und Vielfalt darzustellen. Wie steht es um die Repräsentation queerer Narrative auf der Bühne?
Es ist ausbaufähig. In einigen Theatern ist die Diversität sichtbar, aber es gibt noch Luft nach oben. Auf der Bühne sollte das Leben in seiner ganzen Vielfalt abgebildet werden. Geschichten sind wie eine Wiese – da sollten nicht nur die Margeriten und Rittersporne vorkommen, sondern auch der Käfer und die Rose. Nur so können Zuschauer Empathie entwickeln und das Gefühl «Wir» statt «Ich und die anderen» stärken. Jetzt, wo in Deutschland die Subventionen für Inklusion und Diversität gestrichen werden, die Politik sich mehr polarisiert, ist es umso wichtiger, sichtbar zu bleiben und queere Narra-
tive und Körper zu erzählen.
QUEER UND NÜCHTERN
Du engagierst dich stark für die Initiative «Queer und Sober» – was ist euer Ziel?
Ich habe mich selbst entschieden, nüchtern zu leben und suchte nach Orten, die frei von Alkohol oder Drogen sind. Diese Initiative soll Begegnungsräume für die queere Community schaffen,
an denen man sich austauschen und gemeinsam Zeit verbringen kann. Wir organisieren regelmässige Treffen, haben einen Instagram-Kanal für den Austausch und eine Whatsapp-Gruppe, in der sich Mitglieder gegenseitig unterstützen können. Mittlerweile sehe ich, dass Nüchternheit in der Community präsenter wird und sich mehr Menschen für einen verantwortungsvolleren Umgang entscheiden.
Wie kann man in typischen queeren Partyräumen, wo oft Drogen und Alkohol präsent sind, mehr Sensibilität schaffen?
Indem wir einfach das Angebot ausweiten. Es reicht schon, alkoholfreie Alternativen anzubieten und Räume für nüchterne Events zu schaffen. Je mehr Menschen davon wissen, desto normaler wird es, dass einige eben nichts konsumieren möchten.
Was würdest du jungen queeren Menschen raten, die mit Suchtmitteln Schwierigkeiten haben?
Vernetze dich mit anderen, rede darüber, schau bei «Queer und Sober» vorbei oder suche dir eine andere Gemeinschaft wie die Milchjugend. Niemand muss diese Herausforderung allein bewältigen.
Was sind deine persönlichen Ziele?
Mein Wunsch ist es, gesund zu bleiben, weiterhin authentisch zu spielen und das Theater als Raum für Diversität und Vielfalt zu nutzen. Für mich ist die Bühne ein queerfreundlicher Ort, an dem ich meine persönliche Identität einbringen kann, ohne mich anzupassen. Tennessee Williams hat einmal geschrieben: «Es gibt nicht viele von uns, deswegen müssen wir aufeinander aufpassen.» Das sehe ich als Inspiration und Motivation.

Dominic Hartmann als «Finnin» im Stück «Die Schneekönigin» am Theater Basel.
Hier gibt’s noch mehr Dominic auf der Basler Bühne
«Wer bremst, bleibt» Regie: Patricija Katica Bronić, ab 5. Februar 2025
«Dämonen» Regie: Sebastian
Nübling, Boris Nikitin, ab 24. Mai 2025