Fit im Sommer

Wie bringst du dich für den Strand in Form? Neben dem Sport brauchst du vor allem einen guten Lebensstil. Dazu gehören eine gesunde Ernährung, genügend Schlaf, gutes Stressmanagement und viel Selbstliebe.

Von Mark Baer

Vielleicht zieht es auch dich bald ans Meer oder aufs Werdinseli. Nach einigen meteorologischen Startschwierigkeiten ist der Sommer nun hier und viele möchten am Wasser mit einem definierten Oberkörper glänzen. 

Mit integrierten Kernübungen wie Planks, Russian Twists und Velo-Crunches kannst auch du deinen Bauch und weitere Körperteile straffen. Einige Experten schwören auf Kardio: Ein solches Ausdauertraining soll dir dabei helfen, die Fettverbrennung zu maximieren. 

Der Weg zu einem beeindruckenden Body erfordert Zeit und Beständigkeit. Der erste queer Personal Trainer José Sanchez aus Zürich bietet seinen Kund:innen Trainings an, die auf einen nachhaltigen Erfolg ausgelegt sind. Natürlich gebe es die eine oder andere Übung respektive Trainingsart, mit der man seinen Körper auf den Sommer hin noch etwas definieren könnte. «Ich würde aber keine Crash-Diäten oder exzessives Training empfehlen, da dies gesundheitlich bedenklich sein und sogar noch einen gegenteiligen Effekt haben kann», sagt der 32-Jährige und spricht damit auf den gefürchteten «Jo-Jo-Effekt» an. «Einen tollen Sommerkörper erreicht man, indem man das ganze Jahr lang konsequent bei seinem Ernährungs- und Trainingsplan bleibt.»

Queer Personal Trainer José Sanchez.

Der frühere Barkeeper, den du vielleicht schon aus einem DISPLAY-Portrait oder seiner Zeit in der Cranberry-Bar kennst, hat 2019 durch ein nachhaltiges Training über eine Zeit von mehreren Monaten selber 30 Kilo abgespeckt. Dank dieser Erfahrung hat sich José Enrique Sanchez dann zum Fitness-Coach und Ernährungsberater ausbilden lassen. Als solcher schwört der Personal Trainer auf «clean eating». «Ernährung und Training gehören zusammen, wenn man etwas erreichen möchte.» 

Wenn die Ernährung nicht stimme, werde man seine körperlichen Ziele nicht erreichen. Das Wichtigste an Ernährung und Fitness sei das Gesamtbild. Nicht empfehlenswert sei es beispielsweise, plötzlich gar keinen Zucker oder keine Kohlenhydrate mehr einzunehmen. «Verbote erreichen eher das Gegenteil und sind nicht sinnvoll», sagt der Venezolaner, der schon seit mehr als 15 Jahren in der Schweiz lebt. 

Der Wunsch nach Selbstoptimierung nimmt laut Benjamin Signer, Mitgründer von betteryou, laufend zu. Der Fokus solle auf einem guten Lebensstil liegen: «Gesunde Ernährung, regelmässiges Kraft- und Ausdauertraining, ausreichend Schlaf und gutes Stressmanagement sind die Schlüssel», erklärt der 39-Jährige gegenüber DISPLAY. 

Kennt sich in Sachen Ernährung aus: Benjamin Signer.

Das Zürcher Startup betteryou hilft Kund:innen seit 2019 mit wissenschaftlichen Analysen, ihren Körper besser zu verstehen. «Wir erarbeiten individuelle, alltagsfähige Massnahmenpläne rund um die Themen Ernährung, Training sowie Regeneration.» Viele Ernährungsberater konzentrierten sich auf klinische Beratung, während in der Prävention und Sporternährung oft keine Fachkräfte oder veraltete Methoden verwendet würden, erklärt Signer. «Wir wollten mit einer datenbasierten Beratung eine Lücke schliessen und den aktuellen Zeitgeist treffen.»

Laut dem studierten Ernährungsberater würden Menschen mit einem bereits schlanken oder leicht muskulösen Körper durch gezieltes Training und eine Reduktionsdiät «in relativ kurzer Zeit» oft sichtbare
Ergebnisse erzielen. 

«Wenn das Wohlbefinden aber nicht intakt ist, deutet das auf einen Stoffwechselengpass hin.» Der Thurgauer, der in Zürich zuhause ist, spricht in diesem Zusammenhang von schlechtem Schlaf, Verdauungsproblemen oder mangelnder Energie. «In solchen Fällen sind kurzfristige Ergeb-
nisse für einen perfekten Beach-Body unwahrscheinlich, dann ist ein langfristiger Ansatz sinnvoll.»

Bei einem Stoffwechselengpass sei es empfehlenswert, zunächst mit der richtigen Ernährung und ausreichenden Kalorien in den Körper zu investieren. «Erst danach kann das Körperbild gezielt geformt werden», führt der CEO von better-you.ch aus.

In der Schwulen-Szene besteht laut dem Basler Fachpsychologen Udo Rauchfleisch ein starkes Bedürfnis, sich als «toller Kerl» zu präsentieren, und dazu gehöre in erheblichem Mass auch der Körper. Auch bei Männern in der Mehrheitsgesellschaft würden ähnliche Wünsche bestehen. «Bei Schwulen sind sie jedoch stärker ausgeprägt», analysiert Rauchfleisch. 

Erkennt in einem übersteigerten Body-Kult eine verinnerlichte Homonegativität: Psychologe
Udo Rauchfleisch.

Grund für den bei Schwulen ausgeprägten Body-Kult sei einerseits der Wunsch, sich so der Öffentlichkeit zu präsentieren, um Anerkennung und positive Reaktionen zu erhalten.  Andererseits liege dem extremen Body-Kult aber oft ein Minderwertigkeitsgefühl zugrunde. Im Sinn von: «ich bin schwul und das ist mir peinlich, es besteht die Gefahr, dass ich von anderen abgewertet werde.» Diese Unsicherheit werde von manchen Schwulen mit einem makellosen Body kompensiert. «In diesem Fall ist der Body-Kult Ausdruck einer verinnerlichten Homonegativität», kommt der 81-Jährige gegenüber DISPLAY zum Schluss. 

Die negativen Urteile der Umgebung würden ins eigene Innere übernommen und würden sich dann nicht selten als Selbstkritik und Selbstentwertung äussern. Was schliesslich das Selbstwertgefühl beeinträchtige. «Man kann sagen: je ausgeprägter der Body-Kult und als Reaktion darauf das Bodyshaming, desto stärker sind die Selbstentwertungen», bringt es der klinische Psychologe auf den Punkt. Professor Udo Rauchfleisch empfiehlt dieses negative Verhalten zu hinterfragen, um es so peu à peu abzubauen. «Dies, damit das Bodyshaming sich auflöst und das Leben wieder etwas lockerer wird.»

Andere zu beurteilen und sich mit ihnen zu vergleichen bringe nichts, sagt auch José Sanchez. «Man sollte auf seinen eigenen Körper schauen und sich selbst nur mit sich selbst vergleichen.» Laut dem queeren Fitnesstrainer aus Zürich sollten Sport und Ernährung sich nicht nur auf das Äussere beziehen, sondern auch auf innere Faktoren. Damit meint José Eigenliebe und Selbstachtung. «Sport und Ernährung hat viel mit Selbstliebe zu tun.» Wenn man das verstanden habe, dann falle es einem viel leichter, den Sport auch konsequent durchzuziehen.

Das Streben nach einem makellosen Körper kann laut Benjamin Signer motivierend sein. Ein solches Verhalten berge aber auch das Risiko unrealistischer Erwartungen und ungesunder Verhaltensweisen. Ben empfiehlt deshalb einen ausgewogenen und fachlich begleitenden Ansatz. Jeder Körper sei einzigartig und Schönheit liege im Auge des Betrachters. «Das Hauptziel sollten Gesundheit und Wohlbefinden sein, nicht nur ästhetische Perfektion», so der Experte.