Schwere Vorwürfe gegenüber Grindr: Die Dating-App verkauft unsere intimen Nutzerdaten, zahlt miese Löhne und unterstützt homophobe Politiker.
Von Christian Gersbacher
Grindr gehört international zu den beliebtesten Dating-Apps für Homo-, Bi-. Trans*- und queere Menschen. Die Plattform hat nach eigenen Angaben mehr als 13,5 Millionen monatlich aktive Nutzer:innen. Seit einiger Zeit steht Grindr unter intensiver Kritik. Insbesondere wird der Dating-Gigant beschuldigt, Nutzerdaten in grossem Umfang an externe Unternehmen weiterzugeben. Doch damit nicht genug. Ein weiterer Schatten fällt auf die Personalpolitik von Grindr, die zunehmend in den Fokus gerät. Schwere Missstände sollen das Arbeitsklima innerhalb des Unternehmens belasten. DISPLAY hat sich mit den Vorwürfen auseinandergesetzt.
Weitergabe von Daten und Millionenstrafe
Wie das ZDF berichtet, soll Grindr Daten wie Alter, Geschlecht, GPS-Daten, IP-Adresse oder sexuelle Orientierung an Werbepartner weitergegeben haben. Grindr wurde von der norwegischen Datenschutzbehörde wegen Verstössen gegen Datenschutzbestimmungen verurteilt und musste wegen der Weitergabe von Nutzerdaten umgerechnet 6,4 Millionen Euro Strafe zahlen. Dies ist die höchste Strafe, die von der norwegischen Datenschutzbehörde bisher verhängt wurde.
Weitergabe des HIV-Status
Nutzer:innen haben auf Grindr die Möglichkeit, freiwillig ihren aktuellen HIV-Status zu teilen und anzugeben, wann sie sich das letzte Mal haben testen lassen. Nach Recherchen von «ZDF heute» werden diese hochsensiblen und schutzwürdigen Daten auch mit externen Unternehmen wie «Amazon Web Services», einer Tochter des US-Konzerns Amazon, geteilt. Dabei handelt es sich um einen technischen Dienstleister, dessen Server Grindr nutzt.
Diese Daten sollen auch an das Unternehmen «PartnerHero» übermittelt werden, das im Auftrag von Grindr den Support durchführt und Anfragen der Nutzer:innen beantwortet. Gerade angesichts der nach wie vor bestehenden Stigmatisierung ist die Weitergabe dieser Daten besonders heikel.
Belastende Arbeitsbedingungen
Ein Bericht des britischen Investigativjournalisten-Vereins Bureau of Investigative Journalism zeigt, dass Mitarbeiter:innen von Grindr überdurchschnittlich häufig an Burnout, Depressionen oder Angstzuständen leiden.
Grund dafür ist die schlechte Bezahlung, der Druck durch interne Bewertungssysteme und zu wenig Personal für die Arbeit. Wie Mitarbeitende gegenüber dem Bureau of Investigative Journalism erklärten, habe man manchmal weniger als eine Minute Zeit, um zu entscheiden, ob ein Profil auf Grindr gesperrt werden soll oder nicht. Zudem seien die Teams oft unterbesetzt und anstatt mehr Leute einzustellen, werde der Druck erhöht, um noch bessere Zahlen zu erreichen. Zudem habe Grindr die Moderation der Inhalte auf der Plattform grösstenteils an PartnerHero ausgelagert. Diese Firma rekrutiere viele der Mitarbeitenden in Honduras und zahle ihnen im Schnitt nur 700 Dollar im Monat. Diese schlechte Bezahlung trage auch zu den psychischen Problemen vieler Mitarbeitenden bei, so der Bericht weiter.
Grindr-CEO unterstützt queerfeindliche Republikaner
Der schwule Grindr-CEO George Arison unterstützt immer wieder öffentlich Politiker:innen, die queerfeindliche Positionen vertreten. In einem Tweet schrieb er beispielsweise:
«Ich bin ein Konservativer und stimme in einigen Punkten mit Trumps Politik überein.»
Zudem setzte er sich für die Präsidentschaftskandidatur des Republikaners Glenn Youngkin, Gouverneur des Bundesstaates Virginia, ein. Youngkin gilt als einer der homofeindlichsten Landeschefs der USA – so sprach er sich für die Wiedereinführung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare aus. Wahrlich seltsame Freunde für den schwulen Chef eines Gay-Datingportals.