Kuschelalarm! Auf den Hund gekommen

Sie begleiten uns treu durch den Alltag, verhelfen zu  Bewegung und zu frischer Luft – sie tun dem Herzen gut.

Hunde sind beliebt. Auch und besonders bei schwulen, bisexuellen und trans Männern. Seit kurzem hat unser Autor eine Hündin. Seine (Liebes-)Erklärung. 

Text Marcel Friedli


Wäh: Ist ein Hund nass, stinkt er. Jeden Tag abartig früh am Morgen aufstehen, um mit dem Hund Gassi zu gehen? Wie lustig ist es, das stinkende Geschäft eines Hundes zu entsorgen? Und: Will ich mich auf Jahre verbindlich verpflichten – und damit auf so vieles verzichten?

Solche Gedanken wälzte ich über längere Zeit. Denn dafür, keinen Hund zu haben, gibt es viele – einleuchtende – Gründe. Doch das waren alles nur Vorwände, gespickt mit Ängsten. Ich wollte schon immer einen Hund. 

Ein magischer Moment führte dazu, dass sich dieser versteckte Wunsch verwirklicht hat: als ich meinen Freund beim freudigen Spielen mit einem Hund sah – er war offensichtlich bis in die letzte Faser glücklich. 

Geschenk zu Ostern

Seit fünf Monaten haben wir einen Hund. Besser gesagt: eine Hirtenhündin, Rasse Wäller. Sie heisst Taminga, ist knapp zwei Jahre alt und begleitet uns Schritt auf Tritt. Überall ist sie dabei, mit diskretem Abstand und ohne dass man das Gefühl hat, überwacht zu werden: beim Abwaschen in der Küche, beim Putzen, im Homeoffice, beim Jäten. Morgen für Morgen begrüsst sie uns wedelnd, wenn wir die Türe unseres Zimmers öffnen.

Taminga ist ein Geschenk zu Ostern: Über die Ostertage hat sie bei uns zur Probe gewohnt. Seither gehört sie für immer zu uns. Ich kann es kaum fassen. Ich bin verzückt. Jeden Tag neu – und mehr.  Mein Leben fühlt sich farbiger, intensiver und leichtfüssiger an. 

• Farbiger, weil mein Leben zärtlicher geworden ist, dank der Streichel- und Kuscheleinheiten.

• Intensiver, weil Taminga so glücklich ist, wenn wir alle drei zu Hause und zusammen sind. Jedes Nachhausekommen ist Freude pur. 

• Leichtfüssiger, weil wir oft mit ihr spielen und sich das Kind im Manne austoben kann. Seit Taminga bei uns lebt, habe ich kaum noch Kopfschmerzen. Ich kann besser abschalten und gehe lockerer durchs Leben.

Klatschen vor Freude

Hunden fühlte ich mich schon immer verbunden. Als Bub klatschte ich bei jedem Hund, den ich sah, vor Freude in die Hände. Meine Entzückung galt jedem felligen Vierbeiner: ob Pudel oder Dackel, ob Strassenkreuzung, Collie, Labrador, Bernhardiner oder Appenzeller.  Einen eigenen Hund wünschte ich mir als Bub innig. Doch Begegnungen mit Hunden blieben punktuell. 

Zu meinem Grosi ging ich auch darum gern in die Ferien, weil die Nachbarin einen süssen Collie hatte, der mich an Lassie erinnerte. Die Freude am Zusammensein mit meiner Cousine verstärkte sich dadurch, dass ich ihren Hund Mutz kraulen und mit ihm spazieren gehen durfte. Doppeltes Glück fand ich bei meinem Vater und dessen zweiter Frau darin, dass sie gleich zwei Hunde hatten: einen Schäfer, der Carlos hiess, und einen schwarzen Labrador namens Udo.

Wunderbarer Duft

Und nun also ist der Traum Realität geworden – die Bedenken haben sich in Luft aufgelöst: Taminga riecht für meine Nase wunderbar; auch dann, wenn ihr Fell nass ist. Packe ich ihren Output ins Robidogsäckchen, ist es, als würde ich die Hände waschen. Zudem kann ich so lange wie bis anhin schlafen: Mein Freund übernimmt die Morgenrunde! Ich habe nicht das Gefühl, mich einzuschränken oder auf etwas zu verzichten – sondern bin wundervoll beschenkt worden.


Gays und ihre Vierbeiner

Viele Schwule haben eine Vorliebe für Hunde. Das zeigt sich an etlichen Prominenten. 

Zum Beispiel Sven Epiney und sein Mann Michael Graber. «Kraft, Lebensfreude und ihr unerschöpfliches Vertrauen», sagen sie, «fasziniert uns an Hunden.». Der Verlust ihres Hündchens Leny traf die beiden stark, umso mehr geniessen sie jetzt noch ihren kleinen Neo. Auch einen Hund haben Volksschauspieler Erich Vock und sein Mann Hubert Spiess. Ihr Vierbeiner heisst Pata. Vor neun Jahren hat das Bühnenpaar die Hündin aus einem Tierheim in Spanien adoptiert. «Sie kam zu uns, schnupperte und ging an ihren Platz zurück», erzählen die beiden Männer. «Sie ist eigenständig. Das imponiert uns.»

«Sie ist eine Kraftquelle und eine wunderbare Begleiterin», schwärmt Fernsehlegende Kurt Aeschbacher, wenn man ihn auf seine Labrador-Retriever-Hündin Amélie anspricht. Tägliche Spaziergänge inklusive kurze Trainingssequenzen sind für ihn selbstverständlich: «Ein Hund ist kein Spielzeug, das man bei Nichtgebrauch irgendwo versorgt. Entscheidet man sich für einen Hund, übernimmt man die Verantwortung, dem Tier ein hundegerechtes Leben zu bieten.» 

Der langjährige TV-Moderator war vor zwei Jahren Botschafter des Hundes, dies im Namen der Stiftung Hund Schweiz und der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft Schweiz.

Zu den Markenzeichen von Rudolph Moshammer gehörte ein Yorkshire Terrier namens Daisy. Der deutsche Mode-
designer schrieb ein Buch über Daisy: «Bekenntnisse einer Hundedame». Es beschreibt Moshammers Leben mit Daisy aus deren Perspektive. 

Daisy lebte bis zu dessen Ermordung 2005 bei Rudolph Moshammer. Sie war mutmasslich die einzige Augenzeugin des Verbrechens. 

Danach kümmerte sich Rudolph Moshammers ehemaliger Chauffeur um Daisy. Auch er schrieb ein Buch: «Mosi, Daisy und ich».


«Hund und Mensch lernen zusammen»

Ist ein Hund der Ersatz für Kinder? Welcher Hund passt zu wem? Warum müssen Hunde zurück? Expertin Nicole Fröhlich beantwortet DISPLAY-Fragen.

Interview Marcel Friedli

DISPLAY: Frau Fröhlich, gibt es eine spezielle Liebe zwischen schwulen Männern und Hunden?

Nicole Fröhlich: Die Form der Beziehung hängt vor allem vom Wunsch ab, sich auf ein Tier einzulassen – nicht von der sexuellen Orientierung. Die schwulen Männer, die ich kenne, sind feinfühlige Menschen. Die Beziehung zu ihren Hunden ist nah. Sie lassen sich auf das Wesen ein, das mit ihnen lebt.

Welche Hunde sind bei schwulen Männern besonders beliebt?

Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Paare, die einen kleinen Hund in ihr Leben holen. Andere entscheiden sich für einen grösseren Hund. Keine bestimmte Rasse wird bevorzugt. Die Paare schauen meist gut hin, welcher Hund zu
ihnen und ihren Lebensumständen passt.

Inwiefern dient der Hund schwulen Paaren als Ersatz für Kinder?

Vielleicht haben diese Hunde einen höheren Status als gewöhnlich. Ich nehme bei schwulen Paaren wahr, dass der Hund ein wichtiges Familienmitglied ist. Das ist schön! Wenn der Hund aufs Sofa oder gar aufs Bett darf, hat das jedoch nichts mit Kinderersatz oder fehlender Dominanz zu tun – sondern mit
der persönlichen Entscheidung, wie man das handhaben will. 

Welche Rolle spielt das Internet bei der Vermittlung?

Dass man heute per Klick einen Hund bestellen kann, ist Fluch und Segen. Oft geht es gut, aber nicht immer. Die Chance, sich gegenseitig kennenzulernen, entfällt. Wichtig ist in meinen Augen, gut zu klären, welche Unterstützung man bekommt, wenn es nicht funktioniert. Und zu fragen, ob man einen Hund zurückgeben kann, wenn alle Stricke reissen.

Hunde sollte man aber wenn möglich nicht zurück­geben, oder?

Damit kann man vielen Hunden viel Leid ersparen. Wird ein Hund zum Wanderpokal, leidet seine Seele!

Wie wichtig ist das Probewohnen?

Das potenzielle neue Familienmitglied kennenzulernen, ist zentral. Bei Welpen, indem man den Züchter besucht. Bei einem Tierschutzhund, indem man mehrfach zu Besuch geht, um gemeinsam Zeit zu verbringen. 

Im Gegensatz zu Kindern kann man Hunde vielerorts wieder zurückgeben – wie häufig kommt das vor?

Schwule Paare geben nicht mehr Hunde zurück als andere. Oft schaffen sich Leute leider zu unüberlegt einen Hund an. 

Wie das?

Der Hauptgrund für Rückgaben ist Überforderung. Die Interessent:in-nen sollen sich vorher gründlich Gedanken machen, ob sie einem Hund für die kommenden etwa fünfzehn Jahre ein Umfeld bieten können, das ihm gerecht wird. Das bedingt in erster Linie, dass man genügend Zeit hat. Zudem soll man sich Gedanken machen, wohin man den Hund bei Abwesenheiten geben kann. 

Was bedeutet ein Hund für den Alltag?

Ein Hund schränkt zeitlich ein. Sein Essen kann er nicht selber zubereiten und er kann nicht selbständig spazieren gehen. Er ist auf seinen Menschen angewiesen – ein Leben lang. Findet man seinen vierbeinigen Begleiter, beginnt die Arbeit. 

Inwiefern?

Indem man den Hund in den Alltag integriert, ihm einen guten Rahmen und viel Sicherheit gibt. Das ist zwar Arbeit, doch wunderschön. Jeden Tag stellt sich aufs Neue die Frage: Was lernen wir heute gemeinsam? Wie entwickeln wir uns gemeinsam weiter? Es ist nicht nur der Hund, der lernen darf – wir Menschen lernen genauso. Und vor allem lernen Hund und Mensch zusammen.

Sollen Hunde überall dabei sein?

Nein. Hunde benötigen mehr Ruhezeiten, als wir meinen. Sie überallhin mitzunehmen, kann für sie anstrengend sein. Manchmal tut einem Hund eine kleine Auszeit gut: indem er sich an einem Ort entspannt, wo er sich wohl und sicher fühlt.    

Nicole Fröhlich lebt mit drei Hunden. Sie leitet das Weiterbildungszentrum für Mensch und Hund sowie das Hundehotel nf-dogshome in Bad Ragaz.