Männliche Prostituierte gibt’s für 3 Sesterzen

«Die Römer waren offen gegenüber Homosexualität». Regisseur Roland Emmerich über seine Monumental-Serie «Those about to Die».

Von Dieter Osswald

Er ist Deutschlands erfolgreichster Hollywood-Export. Der offen schwul lebende Roland Emmerich, 68, hat mit «Independence Day» die Kinokassen klingeln lassen, mit «The Day After Tomorrow» den Klimawandel für das Kino früher als andere thematisiert. Sein Herzensprojekt «Stonewall» fiel der Häme zum Opfer. 

Nun präsentiert Emmerich gemeinsam mit seinem genauso schwulen Regiekollegen Marco Kreuzpaintner die pompöse Monumental-Serie «Those about to Die» auf Prime (zu sehen seit 19. Juli). Mit einem Budget von 150 Millionen Dollar ist der Zehnteiler mit Anthony Hopkins die teuerste unabhängig produzierte europäische Serie aller Zeiten. 

DISPLAY: Herr Emmerich, Sie möchten dieses Gespräch auf Englisch führen…

Roland Emmerich: Mein Deutsch ist etwas eingerostet. Und es ist schwierig, zwischen den Sprachen zu wechseln.

Wann hatte der Exil-Schwabe zum letzten Mal eine Brezel?

Das ist gar nicht lange her. Weil mein Flug verspätet war, hatte ich einige Wartezeit am Münchner Flughafen. Da habe ich mir Weisswurst mit Brezel gegönnt.

In Ihrem Rom geht es sexuell freizügig zu. Männliche Prostituierte gibt es für 3 Sesterzen, betuchten Kunden bietet man zur Auswahl: «Essen oder Trinken. Mädchen? Oder vielleicht Jungs?». Ist das Fakt oder eher Fiktion? 

Die Römer waren sehr offen gegenüber Homosexualität und allen möglichen sexuellen Praktiken. Wir haben das ein wenig im Hintergrund gehalten, aber es gibt definitiv queere Elemente. Domitian ist zum Beispiel schwul. Er hat immer diesen Jungen bei sich, und als dieser ihn mit jemand anderem betrügt, schneidet er ihm die Zunge heraus und lässt ihn von Krokodilen fressen. Dann gibt es auch Xenon, der heimlich in jemanden verliebt ist. Es gibt viele solcher Elemente, die ich in die Geschichte einbringen konnte. Natürlich gemeinsam mit unserem Co-Regisseur Marco Kreuzpaintner, dem solche Sachen besonderen Spass bereitet haben.

Hätten Sie gerne in dieser Zeit gelebt?

Als Cäsar auf alle Fälle! Das ist das bessere Leben. Man hat Diener und Sklaven, die alles für ihren Herrscher tun. Es gibt sexuelle Freiheit, was grossartig ist. Egal ob Mädchen oder Jungs.

Das Wagenrennen in «Ben Hur» gehört zu den berühmtesten Szenen der Filmgeschichte. Wie haben Sie Ihre Pferde gesattelt, um bei dem aussichtslos erscheinenden Vergleich nicht unterzugehen? 

Unser Wagenrennen ist viel moderner, wir bieten viel mehr Weitwinkelaufnahmen. Es war ein kompliziertes Projekt, weil wir vier Techniken vereinigen mussten. Die Wagen-Brüche wurden vollständig digital erstellt, ebenso wie die Weitwinkelaufnahmen. Dann hatten wir eine zweite Einheit, welche die echten Pferde filmte. Das alles war ein enormer Aufwand.

Fehler in historischen Filmen zu finden gilt als angesagt. Gab es eine Handy- oder Tätowierungskontrolle am Set? 

Es gibt dieses Sprichwort: Wenn du Profi bist, gibt es keine Handys im Hintergrund. (Lacht) Wir hatten ein erstaunliches Team, eines der besten, die ich je hatte. Ich glaube nicht, dass wir Fehler dieser Art im Hintergrund haben. 

Die zehn Episoden von «Those about to Die» kosten 150 Millionen Dollar. Es ist die teuerste unabhängig produzierte europäische Serie aller Zeiten. Wo bleibt da die sprichwörtliche schwäbische Sparsamkeit?

Unter normalen Umständen wären es 250 Millionen Dollar gewesen. Ich habe also 100 Millionen Dollar eingespart. (Lacht)

Welche Aktualität hat diese «Brot- und-Spiele»-Ära für heute?

Wenn man sieht, wie fanatisch die Leute heute Fussball- oder Basketballspiele schauen, ist das erstaunlich. Es gibt zudem immer mehr Kontaktsportarten, und Boxen ist ohnehin auf seinem Höhepunkt. Auch das Wetten kommt zurück, was ich sehr interessant finde.

Wie halten Sie es mir der Gewalt?
Wie weit kann man gehen in der Darstellung?

Ich schwelge ja nicht in Gewalt-Szenen. Klar, es geht in dieser Serie auch um eine Gladiatoren-Show, aber ich verliere mich nicht in der Gewalt.

Wie war Ihr Verhältnis zur Schauspiel-Legende Sir Anthony Hopkins? Waren Sie der Sklave des Stars mit Oscar-Weihen und Ritterschlag?

Ich habe Anthony sehr respektiert. Er ist ein Fan dieser Epoche, er liebt das alte Rom. Er weiss mehr über seine Figur als jeder andere, weil er sich intensiv einliest. Er war sehr erfreut, dass seine Figur zum Beispiel im Stehen stirbt, weil sie glaubt, so göttlich zu werden. Auch das berühmte Zitat «Geld stinkt nicht» hat ihm sehr gut gefallen, 

Wie steht es um Ihr Zurückkommen in die alte Heimat Stuttgart?

Ich liebe Europa. Für die Serie habe ich fast zwei Jahre in Rom verbracht. Aber für Stuttgart gibt es gerade keine Pläne. Ich bin dann schon lieber in meinem Haus in London.