Nemo: Endlich frei

«I gloube das bisch du». Damit hat Nemo sich mit 18 in die Herzen der Fans gesungen und landete auf Platz 4 der Schweizer Hitparade. Mittlerweile ist Nemo 24, lebt in Berlin, singt Englisch und bezeichnet sich als nicht-binär – eine eigentliche Befreiung. DISPLAY hat Nemo in einem Berliner Café vor dem grossen Abenteuer ESC getroffen.

Interview Josia Jourdan Bilder Ella Mettler

Beim Ankommen sitzt Nemo bereits mit einem Kaffee da, die Kleidung ist bunt, das Gesicht strahlt und die Nägel glänzen silbern und lang. Eine Umarmung zur Begrüssung, ein kurzer Austausch darüber, wie es uns geht. Zuletzt haben wir uns in einer Berliner Dachwohnung zu einem Spieleabend mit Freunden getroffen. Nemo fragt, wie es mir geht und legt das Handy beiseite. Wir reden über gemeinsame Bekannte, dann bestelle ich mir selbst einen Cappuccino und räuspere mich. Ich bin hier, um Fragen zu stellen. Nemo grinst, ich drücke den Aufnahmeknopf.


Kecke Raps wie «Ke Bock», ein schlichtes Liebeslied ohne fette Beats wie «Du» oder englisch-
sprachige Songs wie «lonely af»: So vielfältig ist Nemo. 

Wer ist Nemo? Das fragten wir uns lange, und Nemo selbst wusste wohl auch keine Antwort. Bis vor kurzem jedenfalls.


DISPLAY: Wie geht es dir, Nemo?

Nemo: Ganz gut. Im Moment ist allerdings viel los. Ich bin oft unterwegs, habe neue Musik veröffentlicht, war Teil von TV-Produktionen und demnächst steht auch das wohl grösste Kapitel meiner Karriere an.

Früher hast du auf Schweizerdeutsch gesungen und damit grossen Erfolg gehabt. Weshalb der Wechsel zum Englischen?

In meinen frühen Teeniejahren habe ich Cover-Versionen von Songs auf YouTube gepostet, irgendwann habe ich angefangen, erste Songtexte auf Schweizerdeutsch zu schreiben und dann passierte alles relativ schnell. Als ich 16 oder so war, habe ich den ersten Plattenvertrag unterzeichnet, kurz darauf erste Songs und eine EP veröffentlicht. Das lief alles super und hat mir auch Spass gemacht, aber als dann die zweite Schweizerdeutsche EP rauskam – da war ich erst 19 Jahre alt – habe ich realisiert, dass ich mich in der Wahl der Sprache und auch generell im kreativen Prozess noch gar nicht festlegen will und dies in Zukunft auch gar nicht muss. Ich möchte Neues lernen und ausprobieren – zudem liegt mir die eng-
lische Sprache aufgrund familiärer Wurzeln in den USA auch sehr nahe.

Deine englischen Texte sind persönlicher, deine Gefühle spürbar. In «This Body» singst du über deinen Körper, in dem du dich fremd fühltest, und über deine Identität. Was steckt dahinter?

Dieses Thema beschäftigt mich seit vielen Jahren. Es existierten darüber schon länger Notizen und Songideen. Ich greife oft erst viel später wieder auf diese Ideen zu und entscheide, ob mich das Thema noch beschäftigt und mir die Songidee gefällt. Bei «This Body» lagen zwischen den ersten Skizzen und der Veröffentlichung zwei Jahre. Beim Prozess habe ich unter anderem mit der New Yorker Poetin Jane LeCroy am Song gearbeitet. Dadurch habe ich nochmals besser verstanden, wie viel Tiefe und Bedeutung durch präzise Wortwahl gewonnen werden kann.

Du hast den Song-Release zum Anlass genommen, dich in den Medien als nicht-binär zu outen. Was war der Grund, damit zu diesem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu gehen?

Der Prozess, meine eigene Identität zu verstehen, dauerte mehrere Jahre und zuerst habe ich mich allein damit auseinandergesetzt. Als ich mich gegenüber meiner Beziehungsperson und später auch in meinem familiären Umfeld das erste Mal geöffnet habe, war das ein ziemlich  grosser Schritt für mich. Ich habe viel Unterstützung erhalten und somit realisiert, dass mich das Thema nicht loslässt, sondern eher mehr Raum einnimmt. Dies widerspiegelt sich auch in meinen Texten. Für mich war eine Dissonanz spürbar und mir wurde klar, dass ich das mit der Öffentlichkeit teilen will, gerade weil ich in Fernsehformaten, auf Festivals und Shows auftrete und es mein Wunsch ist, dort ebenfalls mich selbst sein zu können. Deshalb war dies für mich der richtige Zeitpunkt dazu. 


Fünf schnelle Fragen an Nemo

Wie sieht der perfekte Freitagabend aus? Pasta essen mit Freunden. 

Was ist deine musikalische Inspiration? Die Londoner Band The Last Dinner Party.

Dein liebster Film? Ich gehe echt fast wöchentlich ins Kino. Ein guter Horrorfilm, den ich letztens geschaut habe, war «Talk to me». Als kleines Kind war es wohl «Findet Nemo».

Dein liebstes Fashion Piece? Meine riesigen, flauschigen, pinken Ohrschützer.

Wie sieht ein Date-Abend mit Nemo aus? Wahrscheinlich auch irgendwo Pasta essen. Ich liebe Essen und teile meine Freude daran gern mit anderen. Ansonsten gute Gespräche. Ins Kino gehe ich nicht so gerne bei Dates.


Deine Sounds, deine Persona und deine Auftritte zeigen deine Facetten. Hattest du jemals Angst, in ein Muster zu fallen?

Es passiert ziemlich einfach, dass man sich selbst verliert. Wir sind oft ein Produkt dessen, wie Menschen uns spiegeln, wie sie uns sehen und wahrnehmen. Darum war es für mich auch so wichtig, zu sagen, dass ich mehr bin als bloss die Version von mir, die Mundart-Musik gemacht hat und auch mehr, als wie Medien mich zu Beginn meiner Karriere dargestellt haben. Darum war der Szenewechsel nach Berlin wichtig und hilfreich, um zu verstehen, dass ich nicht daran gebunden bin, für immer nur eine Version von mir selbst zu sein.

Schweiz, Berlin oder doch LA. Du lebst seit ein paar Jahren in der deutschen Hauptstadt, bist aber auch sonst viel in der Welt unterwegs. Ist es dein Ziel, mit deiner englischen Musik den internationalen Markt zu erobern?

Es ist immer eine Herausforderung, im internationalen Musikmarkt Fuss zu fassen. Natürlich kann das ein Ziel sein, aber tatsächlich ist Berlin oder auch LA für mich auch auf persönlicher Ebene sehr wichtig. Hier habe ich so ein tolles und queeres Umfeld, ich muss mich nicht erklären und habe so viel über mich und unsere Gesellschaft zu verstehen gelernt, durch Gespräche und Begegnungen. In Berlin muss ich die Safe Spaces nicht suchen, sie befinden sich gefühlt an jeder Strassenecke und auch ein halbes Jahr in LA zu leben, hat meinen Horizont erweitert und erkennen lassen, dass es andere Menschen wie mich gibt. Ich weiss, dass es diese Orte in der Schweiz auch gibt, aber oftmals noch nicht in dieser Dichte und Natürlichkeit. 

Viel unterwegs zu sein, ist Teil deines Jobs. In deiner Single «Falling Again» singst du von Telefonaten, Vermissen und Liebe. Was bedeutet dieser Song für dich?

Sowohl «This Body» als auch «Falling Again» sind Lieder, die mir extrem wichtig sind und die ich unbedingt veröffentlichen wollte, bevor in diesem Jahr andere Projekte anstehen. Der Song beschreibt das Gefühl bei einem Facetime-Call mit einer wichtigen Person. Ich habe das in Los Angeles besonders gebraucht und gespürt, wie viel ich daraus ziehen kann, auch wenn eine riesige Distanz zwischen uns liegt. Aber es geht nicht bloss um Liebe und Beziehung. In den letzten Jahren habe ich meine Freundschaften noch viel mehr zu schätzen gelernt und auch Telefonate mit besten Freunden haben etwas Bestärkendes.


«Sing meinen Song»: heftige Emotionen

Du bist in der neuen Staffel des Schweizer Tauschkonzerts «Sing meinen Song» zu sehen – wie war die Teilnahme?

Die fünfte Staffel von «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert» läuft ab Mittwoch, 6. März 2024, um 20.15 Uhr auf 3+. Nemos Songs werden am 13. März gecovert. Das letzte Tauschkonzert ist am 24. April, die Staffel endet am 1. Mai mit den Duetten. 


Zuerst war ich nervös und habe mir viele Gedanken gemacht, wie es wohl wird. Es war ein extrem intensives Erlebnis. Verschiedene Geschichten, Menschen und Emotionen kommen zusammen. Für mich aber vorwiegend spürbar war die Liebe. Das sind persönliche Gespräche, die dann auch mal emotional werden können, und dies vor laufenden Kameras. Ich bin dankbar für diese Zeit, da wir uns alle sehr verbunden gefühlt haben und ich so wunderbare Menschen neu kennenlernen durfte.

Wie sieht die Vorbereitung für so eine Show aus?

Ich habe an den neuen Versionen meiner Tauschsongs lange im Studio getüftelt und vieles ausprobiert. Es geht ja genau darum, eine ganz eigene Version des bereits bestehenden Songs zu schaffen, und ich habe dabei definitiv auch meinen Spass gehabt.

Gab’s ein Highlight?

Ich kann normalerweise nicht wirklich etwas mit Schlager anfangen. Da der Basler Schlagersänger Vincent Gross jedoch mit dabei war, kam diese Challenge auf mich zu – zu meinem Erstaunen mochte ich diesen musikalischen Ausflug und hatte viel Spass, meine Version zu performen.

Und was steht als nächstes an?

Vieles! Neue Musik und endlich wieder einige Live-Gigs im Sommer.  


Von Biel nach Berlin

Nemo (1999) ist in Biel geboren. Nemo spielt Geige, Klavier und Schlagzeug und rappte
ursprünglich. Songs wie «Ke Bock», «Du» und «Himalaya» gehören mittlerweile zum Schweizer Kulturgut und erreichten Gold- und Platinstatus. Das musikalische Talent schreibt Songs, produziert sie teils selbst und arbeitet im Hintergrund auch für viele andere Künstler:innen als Songwriter und Producer. Nemo hat nicht nur mehrere Swiss Music Awards, sondern auch einen Energy Music Award sowie den Prix Walo gewonnen. Nemo identifiziert sich als nicht-binär. Aktuell lebt Nemo in Berlin, wo neue Songs entstehen und das queere Leben genossen wird.

Queere Themen sind für mich selbstverständlich

Am Pink Apple Filmfestival wird der Schweizer Filmproduzent und Drehbuchautor Ivan Madeo mit dem Golden Apple ausgezeichnet. Der 48-Jährige, der mit seinem Partner in Zürich lebt, spricht über Auszeichnungen, sein einst schockierendes und gleichzeitig gefühlsexplosives Coming-out und über seine queeren Lieblingsfilme.

 

Text Mark Baer Bild Ilja Tschanen

Geboren ist Ivan Madeo in Bern, als Sohn von eingewanderten Eltern. Sein Nachname stammt aus einem kleinen Dorf in Kalabrien. «Ich bin ein klassischer Secondo», sagt er im DISPLAY-Interview. In seiner Kindheit und Jugend habe er lange lernen müssen, damit umzugehen, dass er weder richtig Schweizer noch richtig Italiener war. «Mit doppelten und doch keinen richtigen Wurzeln habe ich meinen eigenen Weg gesucht und bin ein Wanderer geworden.»

Ivan bezeichnet sich als ein «Verfechter einer Welt ohne Grenzen»: ein Verfechter eines Denkens, das weniger das Trennende und mehr das Verbindende und Gemeinsame sucht. «Rückblickend denke ich, dass diese Ausgangslage mich bis heute stark geprägt hat.»

Gross geworden ist Ivan mit einem jüngeren Bruder, der ganz jung für seine Fussballkarriere alleine nach Italien gereist ist und heute mit seiner Familie wieder in der Schweiz, nahe bei Basel, lebt.

Ivan Madeo selber hat seinen Lebensmittelpunkt in Zürich gefunden, zusammen mit seinem Partner. «Da bin ich wenige Jahre nach meinem Studium schon hingezogen.» Aber da seine Eltern eine Zeit lang noch in Bern weitergelebt haben und eine seiner Produktionsfirmen noch heute in Bern angesiedelt ist, habe er immer noch eine enge Verbindung zu seiner Heimat.

Was er für ein Mensch ist, wollen wir vom selbständigen Filmproduzenten wissen. Hier winkt er ab. Das sei etwas, das man seine Freunde fragen müsse, meint er bescheiden.



Gefühlschaos beim Coming-out

Gemerkt, dass er schwul ist, habe er vermutlich schon als Kind. «Richtig verstanden habe ich das aber erst mit 19 Jahren, als ich längere Zeit selbständig in New York gelebt habe und dort den richtigen Rahmen hatte, um mich mit meiner wahren Identität auseinanderzusetzen und zu mir selbst zu finden.» Sein Coming-out bezeichnet Ivan als Schock und gleichzeitige Gefühlsexplosion.

Sich als junger Erwachsener erstmals richtig selbst anzuerkennen und seine Queerness gleichzeitig mit dem ganzen Freundeskreis, der Familie und der Restwelt zu teilen, bezeichnet er als «total überfordernd» und lacht dabei. «Irgendwie ist es aber auch schön zu sehen, dass man im Leben Phasen hatte, in denen man völlig aus dem Häuschen war, und man diese irgendwie ganz gut überstanden hat.» Das gebe einem eine innere Stärke und ein anhaltendes Urvertrauen.

Im Ausgang sieht man Ivan Madeo eigentlich selten, da er fast immer auf Achse ist. Wenn er nicht beruflich an Filmfestivals, auf Dreharbeiten, an Preisverleihungen, Filmmärkten und Workshops unterwegs ist, dann verbringt er die wenige Restzeit fast immer mit Freunden oder der Familie, «weil ich sie viel weniger oft sehe, als ich das möchte». Diese Treffen finden dann meistens in Restaurants und Bars statt, weil er sehr gern gut esse und trinke.

Zum Abschalten und Runterfahren geht er am liebsten in Galerien und Museen, was er im Übrigen auch ganz gut alleine bewerkstelligen könne. «Das mit den Ausstellungen hört sich jetzt wahnsinnig bieder an, wenn ich mir das so überlege», sagt der baldige Golden-Apple-Preisträger lachend. «In Wahrheit sind es Ausbrüche aus dem Alltag, in denen ich mich neu sammeln kann.»

Kreativer Schaffer mit grossem Netzwerk

In der Laudatio zur mit 3000 Franken dotierten Pink-Apple-Auszeichnung heisst es, dass Ivan sehr kreativ und auch ein guter Netzwerker ist. «Kreativ?», fragt er nach. «Ich bin immer neugierig, unkonventionell und forsch im Denken gewesen, das glaube ich schon.» Und Träume und Visionen hätten ihn in seinem privaten Handeln und beruflichen Schaffensdrang immer angetrieben. «Deshalb habe ich mich in der sogenannten Kreativbranche auch immer wohl gefühlt.» 

Wir wollen vom Produzenten des Films «Der Kreis» auch wissen, wie wichtig für ihn sein Netzwerk ist und was für Menschen dieses Netzwerk umfasst. «Dabei handelt es sich um ein wunderbar diverses Netz von charakterlich, beruflich, ideologisch und gesundheitlich sehr unterschiedlichen Menschen.» Und ja, aus «diesem Füllhorn von Leuten mit ihren eigenen Lebensgeschichten, Talenten, Ambitionen» jene zusammenzubringen, die für ein Projekt am besten zusammenpassen und bei denen das Ganze mehr wird als die Summe seiner Einzelteile – das mache er in der Tat äusserst gerne.

Die Suche nach dem Kontrast

Schon im Gymnasium wusste Ivan, dass ihn Geschichten auf dem grossen und kleinen Screen besonders interessieren. Deshalb wollte er neben seinem Studium in Klinischer Psychologie auch im Bereich Film und Fernsehen studieren. «Da habe ich meine ersten filmischen Gehversuche gemacht.» 

Nach dem Studium musste er Geld verdienen, weshalb er in die Werbung gegangen ist. Dort hat er mehr als zehn Jahre in internationalen Netzwerkagenturen, von Publicis und Havas in Zürich über McCann Erickson Milano bis hin zu FCB Global in Hamburg gearbeitet. Weil er dort seine Leidenschaft für den Film nur bedingt ausleben konnte, hat er seine eigene Filmproduktionsgesellschaft gegründet. «Das war der Moment, als mein Freund Urs Frey, der damals ebenfalls in der Werbung tätig war, und ich als Kontrast zu unserem früheren Leben unsere eigene Filmproduktion ‘Contrast Film’ gegründet haben.»

Contrast Film ist heute ein achtköpfiges Team, das Spielfilme, Dokumentarfilme, Serien und Entertainment-Formate produziert. Das Unternehmen gehört damit zu den grössten Produktionsfirmen in der Schweiz. «Wichtiger als die Grösse ist mir aber die Stabilität und Qualität unseres Outputs», betont der Wahlzürcher.

Eine wichtige queere Stimme

«Vielfältiger Output an Serien und Filmen»

Das queere Schweizer Filmfestival Pink Apple ehrt jedes Jahr eine Persönlichkeit, die sich in der LGBTIQ-Filmwelt verdient gemacht hat. «Ivan hat gerade in den letzten drei Jahren einen enorm vielfältigen und breiten Output an Serien und Filmen vorzuweisen, viele seiner Filme haben queere Figuren oder basieren auf queeren Geschichten», sagt Andreas Bühlmann. Daher bezeichnet der künstlerische Ko-Leiter des Pink Apple den diesjährigen Preisträger gewissermassen auch als Glücksfall, weil Ivan Madeo sowohl queerfeministische, lesbische wie auch schwule Inhalte für die Leinwand produziert. «Mit ihm als Schweizer Schwergewicht in der Filmbranche konnten wir zudem auch einen lokalen Bezug zum Standort Zürich herstellen, von wo aus Ivan heute ja tätig ist.»

Der Film «Der Kreis» ist Andreas Bühlmanns persönlicher Favorit. «Damit hat Ivan einen schwulen Schweizer Filmklassiker geschaffen, der sowohl den Publikumspreis der Berlinale als auch den Teddy Award im Jahr 2014 gewann.» Ivans Film diene nicht nur als wichtige Quelle für die Schweizer Schwulengeschichte, sondern habe auch neue Massstäbe in der historischen Aufarbeitung queerer Inhalte im Schweizer Film gesetzt. 

Auch persönlich ist der künstlerische Co-Leiter des Pink-Apple-Festivals vom Filmschaffenden angetan: «Ivan ist ein sehr herzlicher Mensch, der mit seinen Regiepersonen respektvoll umgeht und sie in ihrem kreativen Prozess begleitet.» Diese Menschlichkeit sei in all den von ihm produzierten Filmen spürbar. Er kreiere Werke und Serien, die gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen und zum Denken anregen würden. Gleichzeitig spüre man seine vorhergehende Tätigkeit als Werbetexter in all seinen Arbeiten und der Promotion seiner Filme. «Er verbindet daher geschickt das Künstlerische mit der marketingrelevanten Perspektive», bringt Andreas Bühlmann die Qualitäten des Ausgezeichneten auf den Punkt.

Den Golden Apple zu erhalten sei eine Ehre

Als «unerwartet schön» bezeichnet Ivan Madeo die Auszeichnung, die ihm Anfang Mai in Zürich verliehen wird. «Wenn ich denke, dass die wunderbare Christine Vachon, Léa Pool oder Lionel Baier diese Auszeichnung vor mir erhalten haben, bekunde ich schon etwas Mühe, das mit mir in Verbindung zu bringen», so sein bescheidenes Statement dazu.

Viele queere Filme von Kolleginnen und Kollegen haben sich auch in sein Herz gespielt, wie beispielsweise der Schweizer Film «F. est un salaud» oder der weltbekannte «Brokeback Mountain». Auch der herzzerreissende «All of us Strangers» oder die Serie «Young Royals» gehören zu seinen Favoriten.

Ivan träume wirklich gerne, aber nicht von Auszeichnungen. Insofern auch nicht von einem Oscar, der ihm irgendwann einmal verliehen werden könnte. «Aber wenn ein Oscar einmal kommen sollte, würde ich ihn sehr gerne nehmen und mich daran genauso erfreuen und ihn genauso schnell wieder vergessen, wie das bei allen anderen nationalen und internationalen Filmpreisen bis dato der Fall war.» Auszeichnungen seien für ihn nämlich keine Ziele. «Ich sehe sie lieber als Startlinie für das nächste, noch mutigere Projekt.»

Weiterhin wird der Schweizer Filmprofi auch LGBTIQ-Projekte realisieren. So würden bei ihm bereits jetzt weitere Stories auf dem Tisch liegen: «Selbstverständlich! Und noch viele mehr in meinem Herzen, von denen ich noch gar nichts weiss.» Denn queere Themen seien für ihn nicht wichtig, sie seien für ihn selbstverständlich.

Am Donnerstag, 1. Mai, 18 Uhr nimmt Ivan Madeo im Filmpodium Zürich den Golden Apple 2025 entgegen.

Am Freitag, 2. Mai, 18 Uhr findet im Film-
podium Zürich ein Werkstattgespräch mit 
Ivan Madeo statt.

Das Pink Apple zeigt insgesamt sechs von Ivan Madeo produzierte Langfilme.

 

 


Pink Apple Edition 28

Das queere Filmfestival startet dieses Jahr am 29. April in Zürich und dauert bis am 8. Mai. Danach schlägt Pink Apple seine Zelte in Frauenfeld auf und zwar vom 9. bis 11. Mai.

Das Festival wird zum ersten Mal im Kino Riffraff stattfinden, nah am neuen Festivalzentrum an der Zollstrasse. 

Die beiden Grossveranstaltungen des Pink Apple, die Opening und Closing Night, werden weiterhin im Kino Le Paris stattfinden. Neu arbeitet das queere Filmfestival auch mit der Heldenbar als Party-Location zusammen.

Ein Schwerpunktthema wird «Sex Work» mit der Ausstellung «With Legs wide open» im Feministischen Streikhaus. 

Männliche Sexarbeit ist das Thema einer Diskussionsrunde im Theater anundpfirsich am 7. Mai, 19 Uhr.

Weitere Themen: 
Fankultur im Frauenfussball
Nonbinarität
The Power of Communities
Queere Menschen auf der Flucht
Die Queerness des ESC.

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